Einführungstext zum Archiv

Dieses Archiv zum Design der ehemaligen sozialistischen Länder Ost- und Mitteleuropas und Ex-Jugoslawiens wurde in Verbindung mit der Ausstellung Retrotopia. Design for Socialist Spaces entwickelt und zusammengestellt. Es eröffnet einen internationalen Zugang zum Design-Geschehen der Region, welches bislang relativ unsichtbar geblieben ist. Es gewährt Einblicke in die Entwicklung der Disziplin, einschließlich ihrer Kontexte und zentralen Akteur:innen, dokumentiert relevante Ereignisse und Ausstellungen, beleuchtet bedeutsame pädagogische Ansätze und präsentiert wichtige und kaum bekannte Konzepte.
Das Archiv dokumentiert die Geschichte des Designs in den teilnehmenden Ländern und versucht gleichzeitig, den Austausch von Ideen zwischen ihnen sowie zwischen Ost und West zu erfassen. Das Konzept der ,Kontaktzone’, das kürzlich in der Architektur- und Designhistoriografie als alternativer theoretischer Rahmen eingeführt wurde, dient als Grundlage für das Archiv. Dieses verdeutlicht die Vernetzung der Region sowie die Beteiligung dieser Länder am globalen Designdiskurs. Und das trotz der Existenz des Eisernen Vorhangs, der, wie der ungarische Historiker György Péteri anmerkte, eher einem ,Nylonvorhang‘ glich. Das Archiv dokumentiert neben den Ausstellungen, Kongressen, Biennalen und Workshops auch indirekte Interaktionen wie Initiativen und Ideen, die nicht in unmittelbarem Kontakt standen, sondern in einen imaginären Dialog über gemeinsame Themen und Anliegen verwickelt waren. In diesem Sinne ist das Archiv nicht nur eine Datensammlung. Vielmehr ist es ein System, mit dem wir, frei nach Foucault, Informationen miteinander in Beziehung setzen und den Versuch unternehmen können, unsere Vorstellungskraft in Bezug auf Vergangenes zu entfalten.
Das Archiv ist in sechs Themenbereiche unterteilt: Institutionen, Bildung, Ausstellungen, Netzwerke, Diskurse und schließlich Sammlungen, die sich der Bewahrung des Design-Erbes widmen. In Zusammenarbeit mit internationalen Expert:innen sammelt und kontextualisiert das Archiv wichtige Daten zu Design und designbezogenen Themen in den ehemals sozialistischen Ländern. Jeder Beitrag wird mit einer kurzen Beschreibung und einer visuellen Dokumentation vorgestellt. Anhand von thematischen Schlüsselwörtern, Ländern und Personen können die Beiträge auf verschiedene Weise aufgelistet und neu angeordnet werden, was verschiedene Lesarten ermöglicht. Das Archiv soll als Leitfaden und hoffentlich auch als Ausgangspunkt für weitere, vertiefende Recherchen dienen.

Für die großartige Unterstützung der Arbeit an diesem Online-Archiv – mit Bild- und Textbeiträgen, Recherchen oder wichtigen Hinweisen – sei an dieser Stelle besonders folgenden Personen herzlich gedankt: Anna Cebula, Réka Czigler, David Crowley, Gražina Gurnevičiūtė, Beata Hock, Kateřina Hrušková, Živilė Intaitė, Dániel Kovács, Olha Melnyk, Peter Molnar, Tatjana Pawlowa, Eszter Szőnyeg-Szegvári und Elnara Taidre.

Mari Laanemets