Diskurse

Die Etablierung von Design als Tätigkeitsfeld wurde von dessen theoretischer Fundierung begleitet. Einer der Schlüsselbegriffe war die ‘offene Form‘, die sich gegen die Monotonie und Uniformität des Modernismus und besonders der Fertigbauweise richtete. Architekt:innen und Designer:innen suchten nach flexibleren Lösungen, bei denen die Nutzer:innen stärker in den Designprozess eingebunden waren. Damit bewegten sie sich im Kontext eines breiteren internationalen Diskurses, der in der Nachkriegszeit, beziehungsweise in Osteuropa nach dem Ende von Stalins Diktatur, begonnen hatte und das Verhältnis von Individuum und Kollektiv neu formulieren wollte. Aus ökonomischer Sicht sorgten schlichte modulare Formen und Systeme für Flexibilität und Kosteneffizienz in der Produktion. In den 1970er Jahren setzten sich einige ‘Total-Design‘-Projekte mit der Gestaltung und Wahrnehmung der Umwelt in einer komplexeren Weise auseinander, als es ein allzu rationaler Ansatz tat, dem es zudem an der am Menschen orientierten Dimension fehlte.
Konsum und materielle Welt waren zwei zentrale Themen des Design-Diskurses. Der praktische Bedarf, das Aussehen der Produkte und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, ging mit einer Kritik am Materialismus und der Vorstellung von einer Welt ohne Besitztümer einher. Humanismus oder Design im Dienste des Menschen wurde zu einem Schlüssel, um erfolgreiches Design in einem sozialistischen Kontext zu definieren und es von der westlichen Praxis zu unterscheiden. Design, das eine Vision der materiellen Kultur verkörpert, die sich in Richtung moralischer und ethischer Perfektion und Selbstermächtigung des Menschen entwickelt, galt als ein zentrales Instrument der sozialen Verbesserung.
Die Ölkrise und die spürbar gewordenen Grenzen des Wachstums regten auch im Ostblock und in Jugoslawien zum Nachdenken über umweltfreundliche Lösungen an. Ebenfalls diskutierte man in diesen Ländern die Ideen von Victor Papanek über Verantwortung und Nachhaltigkeit im Design. Als Ausgleich für die Defizite der sozialistischen Wirtschaft, zuweilen als Mangelwirtschaft bezeichnet, wurden DIY-Zeitschriften verteilt, in denen nicht länger nur vermittelt wurde, wie man Kleider und Möbel für kleine Wohnungen herstellen, sondern auch, wie man Radios und sogar Autos bauen konnte.

Mari Laanemets