Netzwerke
Internationale Ausstellungen und Messen waren wichtige Orte der Begegnung zwischen beiden politischen Ideologien und wirtschaftlichen Systemen, die ihre jeweilige Überlegenheit demonstrieren wollten. Wie andere Biennalen, Konferenzen und Workshops waren sie zugleich Treffpunkte, an denen Kontakte auch jenseits staatlicher Strukturen geknüpft werden konnten.
Netzwerken bedeutet Austausch von Erfahrungen, Wissen und Informationen — sowohl innerhalb wie außerhalb des eigenen Systems. Die 1970er Jahre gelten auch als Jahrzehnt Osteuropas, da zahlreiche osteuropäische Expert:innen zu wichtigen Akteuren in Weltverbänden wie dem ICSID wurden und einige bedeutende Veranstaltungen in Osteuropa stattfanden: 1962 der ICOGRADA-Kongress in der slowenischen Stadt Bled und 1975 der 9. Kongress des ICSID in Moskau. Zudem wurden in osteuropäischen Ländern etliche Interdesign-Workshops abgehalten. Auch wenn die Kontakte zum Westen vorrangig waren, da sie Zugehörigkeit zur globalen professionellen Community versprachen, so gab es ebenfalls ein von den politischen Interessen der Sowjetunion geleitetes Streben nach Konsolidierung innerhalb des Ostblocks. Ziel war die Schaffung eines einheitlichen Designsystems und Wissensraums, gleichsam eine Neudefinition des Designs als Tätigkeitsfeld aus Sicht sozialistischer Gesellschaften.
Die Ideen einer anderen Designpraxis fanden breitere Resonanz im Umfeld der weltweiten sozialen Auseinandersetzungen der späten 1960er Jahre, als die Kritik an der Konsumgesellschaft und die Vorstellung einer sozialen und moralischen Rolle des Designs auch von westlichen Designtheoretiker:innen aufgegriffen wurden. So schaute der aus Argentinien stammende, in Europa arbeitende Tomás Maldonado bei seiner Suche nach Alternativen zu den westlichen verbraucherzentrierten Designsystemen sehr dezidiert in Richtung Osteuropa, wo er häufig zu Gast war.