Park der Erinnerung, 1968–81

Das Babyn-Yar-Projekt wurde nie realisiert, doch das Duo ARWM – Ada Rybachuk (1931–2010) und Wolodymyr Melnychenko (*1932) – verfolgten ihre Ideen weiter und entwickelten neue Projekte. Für den ,Park der Erinnerung‘, bis dato die größte künstlerische Intervention auf dem Gebiet der Sowjetukraine, begann ARWM 1968 die Zusammenarbeit mit dem Architekten Awraam Miletski (1918-91). Ein neues Krematorium mit moderner Bestattungstechnologie sollte auf dem Baikowe-Friedhof errichtet werden. Hierfür recherchierten Rybachuk und Melnychenko in archäologischen und historischen Studien, unternahmen regelmäßig Forschungsreisen in ukrainische Dörfer der Regionen Wolyn, Podillja und Bukowyna, sammelten Volksbräuche und hielten ihre Erkenntnisse in künstlerischen Impressionen fest. Im Park der Erinnerung trennten sie die spirituellen und technischen Aspekte und schufen so einen einzigartigen Raum für Besinnung, den eine ,gewöhnliche‘ Architektur nicht bieten könne. Sie entwarfen ,Hallen des Abschieds‘ auf einem Podium innerhalb eines niedrigen, spiralförmigen Rings, den die Künstler:innen als Ausdruck ständiger Bewegung interpretierten. Die Einäscherungsanlage hingegen wurde unterirdisch eingeordnet. Bei der Projektierung der ,Hallen des Abschieds‘ stellte sich heraus, dass eine Stützmauer erforderlich sein würde. Hieraus entstand die ,Mauer der Erinnerung‘ – ein riesiges Gedenkkunstwerk, das den Weg zu den Hallen markiert.
Mit der ,Mauer der Erinnerung‘ brachte das Duo ARWM sein visuelles Vokabular für die Gestaltung eines Ganzen zum Ausdruck. Ein Metallrahmen war mit Betonreliefs verkleidet, die anschließend bemalt werden sollte. Die Höhe der Reliefs variierte zwischen 4 und 14 Metern, bei einer Gesamtlänge von 213 Metern und einer Fläche von über 2.000 Quadratmetern. Über ein Jahrzehnt lang verbrachten die Künstler:innen jeden Tag auf der Baustelle am Baikowa-Hügel und übersetzten ihre Zeichnungen in komplizierte Skulpturen. Anfang 1982, als die Reliefs für die Bemalung vorbereitet wurden, kam der Befehl, die Mauer zu beseitigen. Das Relief musste mit Zement bedeckt werde, was von März bis Mai desselben Jahres geschah. Die Künstler:innen wurden heftig angegriffen und verschiedener Vergehen beschuldigt, vor allem wegen der Anspielung auf Babyn Yar in der Mauersymbolik.

Polina Baitsym
Park der Erinnerung, 1968–81