Litauischer Pavillon, 1968, London
Im August 1968 eröffnete eine sowjetische Industrie- und Handelsausstellung im Earls Court Exhibition Centre in London. Neben dem Hauptteil zum Thema ,Weltraum‘ mit Untertönen zu Rivalitäten innerhalb des Kalten Krieges wurde den Ausstellungen der besetzten baltischen Republiken besondere Aufmerksamkeit gewidmet; wie so oft dienten die baltischen Sowjetrepubliken als ,Schaufenster‘ der Sowjetunion. Alle drei hatten jeweils eigene Pavillons von etwa 500 Quadratmetern Grundfläche, in denen das Beste aus estnischer, lettischer und litauischer Produktion gezeigt wurde. Es handelte sich um industriell als auch handwerklich hergestellte Erzeugnisse, darunter Möbel, Musikinstrumente, Souvenirs und spezielle Designobjekte, die eigens für die Ausstellung entworfen wurden. Der Höhepunkt war die gemeinsame Präsentation von Modekollektionen aus Vilnius, Riga und Tallinn.
Der litauische Pavillon, entworfen vom damals 32-jährigen Architekten Tadas Baginskas (*1936), verband ethnische Symbole mit modernistisch-minimalistischen Designlösungen. Der Pavillon präsentierte ein höchst utopisches Projekt von Algimantas Stoškus. Er schuf eine kinetische Glasmalerei-Installation schuf, die von der Architektur der Hauptstadt Vilnius inspiriert ist. Farbige Gussglasstücke mit einem Gewicht von jeweils rund 150 Kilogramm wurden an sieben vertikalen, acht Meter hohen Strängen angebracht, von denen sich vier drehten – und zwar unregelmäßig nach einem Programm, das von avantgardistischer elektroakustischer Musik begleitet wurde. Für das Innere des Pavillons entwarf Baginskas eine einzigartige konstruktivistische Tafel mit einundachtzig Bernsteinstücken, von denen jedes etwa so groß ist wie eine Faust. Die Wahl von Bernstein als Material war nicht zufällig. Seit den Zwischenkriegsjahren waren Artefakte und Schmuck aus Bernstein die obligatorischen litauischen Repräsentationsobjekte auf internationalen Ausstellungen.