Ungarischer Pavillon, Expo ’58, Brüssel

Zwei Jahre nach dem antistalinistischen Volksaufstand in Ungarn und dessen brutaler Niederschlagung durch die sowjetische Armee war die Teilnahme des Landes an der Expo 58 eine wichtige Gelegenheit zur Legitimierung der Herrschaft von János Kádár. Trotz seiner wirtschaftlichen Probleme und politischen Instabilität nahm Ungarn als eines von vier kommunistisch geführten europäischen Ländern an der Brüsseler Expo teil, neben der UdSSR, der Tschechoslowakei und Jugoslawien (das 1948 mit dem Sowjetblock gebrochen hatte).
Es war der Dichter, Schriftsteller und Soziologe Iván Boldizsár, der das Konzept für den Pavillon vorschlug: Wie kann eine kleine Nation in der großen Weltgemeinschaft wirken? Die globale Ausstrahlung Ungarns sollte vermittelt werden: die produktive Wirtschaft und Arbeitswelt Ungarns, das geistige Wirken, Kunst, Literatur und Musik. Nicht der Sozialismus mit Porträts von Staatsoberhäuptern wurde verherrlicht; stattdessen wurde Ungarns Platz in der modernen Welt mit sorgfältig ausgewählten Exponate, Fotografien und Kunstwerken veranschaulicht.
Dieser minimalistische Ansatz spiegelte sich in der Architektur des Pavillons wider, den Lajos Gádoros (1910-91), ein Vertreter des Neofunktionalismus der Ära Kádár, entworfen hatte. Die Struktur war leicht und transparent, ähnlich wie bei vielen anderen Pavillons dieser Expo. Dessen erhöhte Dachkonstruktion wurde getragen von Glaswänden, die nicht nur reichlich natürliches Licht in den Raum führten, sondern insgesamt Offenheit demonstrierten. Als kohärenter Fluss von Themen und Ideen war der Pavillon als ,Gesamtkunstwerk‘ konzipiert: Die verschiedenen Bereiche harmonierten miteinander, auch in der Verwendung von Farben und Materialien. So symbolisierte der ungarische Pavillon eher Gemeinsamkeiten menschlicher Erfahrungen in der Moderne anstelle der Brüche zwischen den politischen Systemen.