Ausstellungsreihe ,Ruum ja Vorm‘ 1969, 1972, 1976, 1984

Die Reihe ,Ruum ja Vorm’ (Raum und Form) in der Kunsthalle Tallinn wurde Ende der 1960er Jahre von der Sektion Innenarchitektur der Künstlervereinigung der Estnischen SSR ins Leben gerufen, weitere Ausstellungen folgten dann 1972, 1976 und 1984. Initiiert von Bruno Tomberg (1925–2021), Innenarchitekt und Leiter der Designabteilung des Estnischen Staatlichen Kunstinstituts, sollte ,Ruum ja Vorm’ neue Erkenntnisse über räumliche Organisationsformen und materielle Raumausstattungen vermitteln, die über die Grenzen des Alltagsdesigns hinausgingen. Mittels Konstruktionen ohne unmittelbare Funktionalität betonte sie die haptischen und ästhetischen Qualitäten der Materialien.
Die erste Ausstellung im Jahr 1969 konzentrierte sich auf die geometrischen Elementarformen Quadrat und Kugel. Die Designer:innen waren aufgefordert, mit diesen Grundelementen zu spielen und mit abgeleiteten Formen wie Würfeln, Prismen und Zylindern, mit Farben und Materialien auf unkonventionelle Weise neue, einzigartige Lösungen zu erfinden. Der Ausstellungsaufbau basierte auf einer modularen Struktur, wobei alle Teilnehmenden je eine identische ,Zelle’ ausgestalteten.
Die zweite Ausstellung 1972 widmete sich experimentellen Raumerfahrungen. Angesichts der monotonen Umgebungen des modernen Alltags stellten Designer:innen die Frage nach komplexeren Gestaltungsansätzen. Statt nach mehr Rationalität zu suchen, strebten sie eine ,komplexe Ordnung’ an, die den Nutzer*innen in ihrem Alltag reichere Erfahrungen anstelle eines Abstumpfens ermöglichen sollte. Die von Bruno Tomberg gestaltete Ausstellung verband mehrere vertikale, bemalte und mit Spiegeln versehene Oberflächen und transformierte die Ausstellungshalle in eine Art immersive Erlebnisumgebung. Ein typisches Beispiel, wie in der Ausstellung mit menschlicher Wahrnehmung gespielt wurde, bietet die beeindruckende Op-Art-Installation von Taimi Soo (*1947).