Systemdesign mit ,polyform‘

Das Design in den modernen Industrieländern der 1960er Jahre ist von einer starken Tendenz gekennzeichnet, die sich mit Begriffen wie Standardisierung, Typisierung, wissenschaftliche Analyse, Systematisierung, Rationalisierung, Elementarisierung, Baukasten und modulare Kombinatorik beschreiben lässt. Dies gilt auch für die DDR. Für die Ausstellung wurden zwei exemplarische Produktentwicklungen ausgewählt, die beide vom Zentralinstitut für Gestaltung (ZfG), einer Vorgängerinstitution des Amtes für industrielle Formgestaltung AiF initiiert, geleitet und letztlich nicht realisiert wurden.

Das Fernsehgerät von Jürgen Peters (1931–2009) gehörte zu einer Reihe von Experimenten aus den 1960er Jahren. Bei diesem Modell sind der drehbare Bildschirm und die Steuereinheit erstmals baulich getrennt, wie der Designpublizist Heinz Hirdina (1942–2013) erwähnte. Der leuchtend rote Prototyp des Geräts wirkte wenige Jahre später als adäquates Accessoire in einem Modell-Wohnzimmer – dokumentiert in einer Aufnahme aus der ,polyform‘-Bilderserie, mit der die renommierte Theaterfotografin Maria Steinfeldt das System in Szene gesetzt hatte.

Das modulare Möbelsystem ,polyform‘ war nicht nur als Baukasten für Nutzer:innen, sondern auch für Großhersteller und Vertrieb gedacht und sollte ein breites Spektrum an Größen, Funktionskombinationen sowie raumbildenden Konstruktionen, Farb- und Oberflächenqualitäten bieten. Mit Enthusiasmus hatten die Gestalter 1967 das Projekt auf den Weg gebracht, entsprach es doch ihren Ideen einer offenen Moderne und dem Wunsch, Dinge zu bewegen. Das Architektonische an ,polyform‘ ist kein Zufall. Das Gestalterkollektiv bestand fast nur aus Architekten: Herbert Pohl (1935–2023), Lothar Walk und Klaus-Dieter Mädzulat kamen von der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee, Innenarchitekt Karl-Heinz Burmeister (*1933), wie Pohl gelernter Tischler, von der Fachschule für angewandte Kunst Heiligendamm. Namentlich durch den Architekten Selman Selmanagić, der am Bauhaus studiert hatte und in Weißensee lehrte, waren die jungen Männer mit dem Ansatz der ,Verzahnung’ aller gestalterischen Disziplinen vertraut, nach dem man ‚die Planung einer Stadt nicht von der eines Hauses, von der einer Wohnung, ja nicht einmal von der eines Schrankes trennen’ könnte.

Silke Ihden-Rothkirch