Sowjetischer Pavillon, Expo ‘67, Montreal

Den sowjetische Pavillon auf der Expo ’67 hatten Michail Posochin, Aschot Mndoyants und Boris Tchor entworfen. Die großen Glas- und Aluminiumwände und das Schanzendach wirkten modern und dynamisch. Der Bewegungseffekt wurde durch eine Rolltreppe, die zum Pavillon hinaufführte, noch verstärkt. Die ausgestellten Exponate erzählten die Geschichte von Erde, Meer und Himmel und davon, wie sich das sowjetische Volk die Natur nutzbar machte.
Zu den prominenten sowjetischen Designern und Künstlern, die an der Vorbereitung der Ausstellung beteiligt waren, gehörte Wjacheslaw Kolejchuk (1941–2018), der zu dieser Zeit mit kinetischer Kunst und Spannkonstruktionen experimentierte. Diese selbsttragenden und leicht anpassbaren Strukturen boten das Potenzial für eine breite Nutzung auch für zukünftige Anwendungen. In seinen Entwürfen für die Außenanlagen in Montreal kontrastierte Kolejchuk schwere, starre geometrische Module mit dem dynamischen, tragenden Schrägseilsystem. Seine Kompositionen zeichneten sich durch einen klaren Rhythmus, eine bewusste Strukturierung und den Eindruck von Schwerelosigkeit aus. Kolejchuk vertrat die Ansicht, dass Museumsausstellungen nicht so sehr durch die präsentierten Objekte als vielmehr durch die besonderen Qualitäten der Ausstellungsgestaltung definiert würden.
Anna Andrejewa (1917–2008) war eine bekannte sowjetische Textilkünstlerin und Designerin. Von den 1940er bis 80er Jahren arbeitete sie als führende Künstlerin in der Versuchswerkstatt der nach Rosa Luxemburg benannten Seidenfabrik ,Krasnaja Roza‘ (Rote Rose) in Moskau. Dort entwarf sie mehrere Textildruckmuster für die Massenproduktion (etwa ,Würfel‘, ,Olympiade‘, ,City Grid‘, ,Sowjetsport‘ und ,Sowjetkosmos‘), die zu Ikonen der sowjetischen Textilindustrie wurden. Und sie entwarf zahlreiche originelle Designs für Zwecke der UdSSR-Kulturdiplomatie. So wurden ihre Entwürfe für Erinnerungs-Seidenschals verwendet, die an ausländische Staatsoberhäupter und Prominente wie Elisabeth II., Sophia Loren, Federico Fellini und viele andere verschenkt wurden, sowie für Veranstaltungen wie den Fünften Weltfrauenkongress (Moskau 1963).
In ihrem Fachgebiet Textildesign genoss Andrejewa ein gewisses Maß an kreativer Freiheit – etwas, dass bildende Künstler:innen in der Sowjetunion eindeutig nicht hatten. Ihre Entwürfe waren inspiriert von Experimenten mit geometrischen Formen der Vertreter der sowjetischen Avantgarde, aber auch von der Volkskultur und den zeitgenössischen Fortschritten der Wissenschaft, insbesondere der Kybernetik. Ihre lebhaften geometrischen Muster wurden ausgewählt, um die sowjetische Textilindustrie auf der Expo ’67 in Montreal und und auf der Expo ’70 in Tokio zu vertreten.

Alyona Sokolnikova