Mittelmeerspiele. Eine visionäre visuelle Identität

Der Tod von Josip Broz Tito im Jahre 1980 markierte in Jugoslawien auf symbolische Weise, dass sich die sozialistischen Ära allmählich ihrem Ende näherte. Der utopische Anspruch, die Welt zu verändern, hatte sich in der führenden, (wenn auch schwankenden) Rolle Jugoslawiens innerhalb der Bewegung der Blockfreien Staaten widergespiegelt. Nun manifestierte er sich noch einmal in der radikalen Gestaltung einer visuellen Identität für die VIII. Mittelmeerspiele 1979 und ihre Gastgeberstadt Split.
Zwar waren die Mittelmeerspiele weniger prestigeträchtig als die Olympiade, doch galt die achte Ausgabe als strategisches Projekt: Es sah neben beträchtlichen Investitionen in die urbane Infrastruktur auch die Entwicklung eines starken Erscheinungsbildes vor. Der außergewöhnliche Anlass verlieh dem ambitionierten Vorhaben den Impuls, Standards und Bedeutung des Grafikdesigns in Kroatien, Jugoslawien und darüber hinaus nachhaltig zu verändern. Als Grundlage diente das von Boris Ljubičić (*1945) entworfene Emblem der Spiele, der sich direkt vom olympischen Logo inspirieren ließ. Er nahm drei der farbigen Ringe und verwandelte sie in drei einfarbige Ringe, die die drei teilnehmenden Kontinente Asien, Afrika und Europa repräsentieren. Er verzerrte sie so, als würden sie im Blau des Mittelmeers versinken, jenem Meer, das diese drei Kontinente verbindet. Damals konnte der Verzerrungseffekt mit den üblichen Zeichenwerkzeugen nicht hergestellt werden. Man erzeugte daher eine optische Täuschung, indem man zunächst eine gewellte Glasplatte über das Kreismuster legte, den entstehenden Effekt abfotografierte und zeichnerisch in die Grafik übertrug. Entworfen für die VIII. Mittelmeerspiele, wurde das Logo nach den X. Mittelmeerspielen in Latakia endgültig zum offiziellen Symbol der Spiele. Mit einem speziellen Verfahren gedruckt, wurde die Flagge der Mittelmeerspiele ebenfalls zum zeremoniellen Objekt, das seitdem bei jeder Eröffnungsveranstaltung der Spiele zum Einsatz kommt. Die horizontalen Rasterlinien der Flagge spiegeln sich in dem Rasterlinieneffekt der Plakatserie für die Spiele 1979.
Das Handbuch, das die Richtlinien der grafischen Gestaltung zusammenfasste, erhielt auch international große Aufmerksamkeit und gilt heute als erstes Corporate Design Manual im ehemaligen Jugoslawien.

Koraljka Vlajo